Ein 3D-Kino ist GARNICHTS im Vergleich zu der virtuellen Realität, die eine gute VR-Brille erlebbar macht. Es ist ja nett, wenn im 3D-Kino alles auf einen zufliegt. Aber es reicht ein Blick nach links oder rechts – und raus ist man aus der Illusion.
Ganz anders bei einer VR-Brille: rechts der Pool, links die Strandbar, oben der Himmel und die Sterne. Oder die Instrumententafel an der Decke eines Cockpits, je nachdem, in welcher virtuellen Welt man gerade rum bummelt. Und hinter einem? Die Kabinentür. Kein Ende in Sicht, auch wenn man sich umdreht.
Die VR-Brille ist das Kino auf der Nase, das eigene Smartphone die Leinwand, die Sensoren im Smartphone sozusagen die Bewegungsmelder. Fließend ermittelt die App daraus die stereoskopischen Bilder für das linke und rechte Auge, die sie zu einem räumlichen Bild kombinieren.

Blick nach links, geradeaus und rechts – für den 3D-Effekt bekommen das linke und das rechte Auge jeweils ihr eigenes Bild. Die Szenen stammen aus dem Video ‚360° Experience | Fighter Jet | Patrouille Suisse‘ des Schweizer Online-Portals Blick.ch
Der noch junge YouTube-Kanal #360video hält schon zahlreiche 360-Grad Videos bereit, die man auf dem iPhone oder Android-Smartphone (ggf. muss die YouTube-App aktualisiert werden) auch ohne VR-Brille genießen kann. Das funktioniert auch im Chrome-Browser am PC, aber ohne Bewegungssensoren ist die Steuerung einfach fad.

Smartphone mit den beiden stereoskopischen Bildern im geöffneten Cardboard. Durch die Linsen sieht das linke Auge später nur das linke Bild und das rechte Auge nur das rechte.
Was fehlt, ist der 3D-Effekt. Der lässt sich in den Clips der Rubrik ‚Ideal für Google Cardboard‘ zuschalten. Besagtes Cardboard, im Original von Google, ist eine vergleichsweise einfache Pappbox mit zwei Löchern bzw. Linsen. Steckt man das Smartphone hinein, bekommt jedes Auge sein eigenes stereoskopisches Bild zu sehen, die Voraussetzung für die 3D-Wirkung. Man bekommt sie ab 10 Euro und kann sie auch selber bauen. Auf dem Smartphone braucht man Googles Cardboard-App, die es auch für das iPhone gibt, und die im Idealfall mit einem Profil gefüttert wird, das auf das verwendete Smartphone und die exakten Maße des Cardboards abgestimmt ist. Mehr Infos zu Cardboards und eine Anleitung liefern die Originalseite von Google google.com/get/cardboard, und die deutsche Seite de.mrcardboard.eu.
Kaum kleidsamer, aber noch beeindruckender präsentiert sich die 3D-Welt mit einer lichtdichten, bequem am Kopf sitzenden, gut gepolsterten Virtual-Reality-Brille mit höherwertigen Linsen, die im Idealfall perfekt auf den Bildschirm des verwendeten Smartphones abgestimmt sind.

Hinter der futuristischen Blende steckt ein Galaxy Note 4.
Die Samsung Gear VR ist eine solche. Bei ihrer Entwicklung stand der Erbauer der Oculus Rift Pate, die Oculus-Software ist das Herz des Samsung 3D-Kinos. Das Raumerlebnis ist beeindruckend, weil die Gear VR perfekt auf das Samsung Galaxy Note 4 abgestimmt ist. Ganz speziell. So speziell, dass sie nicht einmal mit dem, wie man so denkt, baugleichen Galaxy Note Edge zusammenspielt.

Gamepad aus dem Samsung Zubehörprogramm
Für Spiele kann man ein Headset und das Gamepad aus Samsungs Zubehörprogramm via Bluetooth mit dem Smartphone verbinden. Das wiederum wird an der Frontseite der Brille mit einem Micro-USB-Connector verbunden und festgeklemmt. An der rechten Seite hat die Gear VR einen Zurück-Button für die Menüs und ein kleines Touchpad. Ansonsten wird mit den Augen gesteuert: man fixiert die gewünschte Auswahl und tippt kurz das Touchpad an. Die leistungsfähige Hardware des Note 4 mit seiner hohen Bildrate leistet sich keine Hänger und kein Ruckeln; dreht man den Kopf, geht das Bild mit. Dieses Erlebnis allein ist schon irgendwie der Wahnsinn.
Allerdings fordert die interaktive 3D-Welt dem Note 4 viel ab. Nach etwa 20 Minuten wird es heiß und verlangt nach einer Pause. Je nachdem, ob man ein rasantes 3D-Spiel gespielt hat oder nur in seiner virtuellen Welt abgetaucht ist, auch etwas früher oder später. Den Akku des Note 4 kann man in dieser Zeit jedenfalls kaum in die Knie zwingen, es sei denn, er war schon vorher knapp.
Dass das Vergnügen von kurzer Dauer ist, will natürlich so gar nicht zu einem 199 Euro teuren Spielzeug passen. Für die Augen ist der Zwangs-Break aber nicht das schlechteste, obwohl, oder gerade weil die Gefahr einer längeren Nutzung für die Augen kaum wahr genommen und leicht unterschätzt wird. Eine Brille muss man abnehmen; ist die Sehschwäche gering, kann man sie unter Umständen über das entsprechende Stellrad der Gear VR ausgleichen.
Da sie sich ausschließlich mit dem Note 4 verbindet, musste für das Galaxy S6 – und in diesem Fall dankenswerter weise auch für das S6 Edge – eine Gear VR2 her. Alle drei Smartphones sind mit einem Super AMOLED-Display wie geschaffen für ihre Aufgabe. Aus der identischen Auflösung von 2.560 x 1.440 Pixeln resultiert beim etwas kleineren S6 eine höhere Pixeldichte von 577ppi gegenüber dem Note 4 mit 515ppi (mehr zur Hardware im Test des Galaxy Note Edge bzw. in der Kurzvorstellung des Galaxy S6).

Samsung Gear VR2
Mit einer mechanischen Ventilation beugt die Gear VR2 etwaigen beschlagenen Linsen vor. Um den höheren Energieverbrauch zu decken, kann man die Gear VR2 mit einer externen Stromquelle verbinden. Alternativ lässt sich der hierfür vorgesehene zusätzliche Micro-USB-Anschluss auch für kabelgebundenes Gaming-Zubehör verwenden.
Durch den Lüfter wiegt das an sich kleinere Gesamtpaket aus Galaxy S6/S6 Edge und Gear VR2 fast auf´s Gramm so viel wie die größere Kombi mit Note 4. Die etwa 555 Gramm werden aber über den Kopfgurt gut ausbalanciert und führen unter normalen Umständen in der kurzen Zeit nicht zur Ermüdung.
Verbessert hat Samsung das kleine Touchpad, das leicht ins Gehäuse eingelassen und mit einem Tastpunkt versehen wurde, damit man es leichter ertasten kann.
Letztlich sind Gear VR und VR2 aber keine echten Alternativen zueinander, weil sich die Geräte ja nicht austauschen lassen; und kaum jemand wird sich wegen der Unterschiede der Brille für das eine oder das andere Smartphone entscheiden.
Wer aber bereits ein Note 4 oder ein Galaxy S6/S6 Edge besitzt und das nötige Kleingeld noch übrig hat (die UVP liegt bei jeweils 199 Euro), dem bieten sich mit der zugehörigen Gear VR Unterhaltungsmöglichkeiten der ganz besonderen Art. Und letztlich durch die Abstimmung der Geräte aufeinander eine Qualität, die derzeit noch ihresgleichen sucht.
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