Ein Huawei P9 für jeden Geldbeutel? Mit dem P9 und den Varianten P9 Lite und P9 Plus gibt es gleich drei Ausführungen von Huaweis aktuellem Topmodell. Zum Test lag ein P9 vor. Die Unterschiede zu den anderen beiden sind im Beitrag aber ebenfalls Thema, wie auch die Rolle von Leica. Alle technischen Details listet die gemeinsame Tabelle am Ende.
Zu den wesentlichen Gemeinsamkeiten gehören zunächstmal Android 6, ein Full-HD-Display und der reaktionsschnelle Fingerprint-Sensor auf der Rückseite. Hier kann ihn der Zeigefinger gut erreichen um das P9 zu entsperren, Anrufe anzunehmen oder die Kamera auszulösen.

Huawei P9 Lite
P9 Lite | Ein paar Worte zum P9 Lite: es ist von den Dreien das einzige, das alternativ auch als Dual-SIM-Smartphone erhältlich ist. Zu den Abstrichen zählen ein schwächerer Prozessor und nur 16 Gigabyte interner Speicher gegenüber 32 beim P9 und 64 beim P9 Plus. Auch das Chassis aus Kunststoff mit Aluminiumrahmen ist nicht ganz so hochwertig, aber beinahe ebenso schick. Für 299 Euro hat auch das P9 Lite bereits eine 13 Megapixelkamera mit Dual-LED und eine 8 Megapixel-Frontkamera. Auf das prägende Highlight des P9 muss man beim P9 Lite allerdings verzichten: Die duale Kamera von Leica.
Leica | Das Wetzlarer Unternehmen gilt weltweit als Begründer der Kleinbildfotografie. Langjährige Erfahrung mit Messsucherkameras und hochwertige Objektive aus der eigenen Manufaktur machen seit über einem halben Jahrhundert den Erfolg der Leica M-Serie aus, die bereits in den Fünfzigerjahren Queen Elisabeth begeisterte. Zu den jüngeren Fans gehört unter anderen der Sänger Lenny Kravitz, der mit einer Leica seine Tourneen dokumentierte. 2015 entstanden aus den in Schwarzweiß fotografierten Bildern eine Ausstellung und der Bildband Flash. Die Kapazität der Leica-Manufaktur reicht aber nicht aus, um neben dem eigenen Tagesgeschäft noch einen Hersteller wie Huawei zu beliefern, der binnen Jahresfrist schon mal 100 Millionen Smartphones verkauft. So entstand zwischen Leica und Huawei eine Technologie-Partnerschaft, in der Leica für das Linsen-Design und die Signalverarbeitung sowie Teile der Kamera-Software verantwortlich zeichnet.
Leica Kamera (P9 und P9 Plus) | Lichtempfindlichkeit und Brennweite geben den beiden Summarit H 27mm f/2.2 ASPH-Objektiven ihren Namen, die in eine gläserne Blende eingelassen sind. Die wiederum umgibt ein Aluminumgehäuse, das beidseitig, also auch auf der Display-Seite (2.5D-Glas), leicht gebogen ist, und das sich trotz des kühlen Materials einfach samtweich anfühlt. Die beiden 12-Megapixel-Bildsensoren kommen von Sony. Nur einer ihnen ist ein RGB-Sensor, der andere ein Monochron-Sensor – eine Seltenheit, die bei Leica auch bereits eine Leica M Monochrom als besonders auszeichnet. Dank des hochauflösenden Monochromsensors gelingen zunächst mal auch dem Laien aus dem Stand Aufnahmen, die dem Farbbild mehr als nur einen nostalgischen Charme voraus haben – selbst in der für den Blog-Beitrag reduzierten Ausgabe:
Von den Kontrastinformationen des Monochromsensors profitiert auch das Farbbild mit zusätzlichen Bilddetails, vor allem auch in besonders hellen sowie dunklen Motivbereichen, die in der Digitalfotografie sonst leicht zu kontrastarmen Bildflecken verkommen. Die folgenden Aufnahmen wurden jeweils links mit Apples aktueller iPhone 6s-Kamera aufgenommen, die auch im jüngsten iPad steckt, rechts mit dem Huawei P9. Auf den ersten Blick wirkt das Apple-Bild „knackiger“, vielleicht sogar schärfer als das der Leica-Cam:
Der folgende Detailausschnitt lässt jedoch erkennen, dass der „knackige“ Eindruck aus starken Hell-/Dunkel-Kontrasten resultiert, die wiederum eigentlich auf einem Mangel an Zwischentönen basieren. Bei Apple ist der Ast links im Bild auf der von der Sonne angestrahlte Seite hell, im Schatten dunkel, dazwischen gibt es kaum Abstufungen. Das P9 zeichnet demgegenüber mit zusätzlichen Kontraststufen ein natürlicheres Bild. Ähnliches offenbart sich auch auch bei den gelben Blumen im unteren Viertel und den Tannen im Hintergrund. Der milchige Eindruck über den Bäumen im rechten Bild gibt übrigens das diesige Licht am Tag der Aufnahme naturgetreuer wieder als das linke. Das wirkt zwar klarer – entspricht in diesem Punkt aber nicht der realen Szene. Auflösung und Vergrößerung, die Zahl der Pixel im Bild also, sind bei beiden in etwa gleich und haben hierauf keinen Einfluss.
Blendeneffekte | Zur Fokussierung wählt das Huawei P9 selbständig unter drei Methoden Laser, Tiefenkalkulation und Kontrast das für die jeweilige Situation geeignete Verfahren. Bilder, die im Blendeneffekt-Modus aufgenommen werden, erlauben eine nachträgliche Fokusänderung:

Dasselbe Bild mit unterschiedlichem Fokus bei simulierter Offenblende (links und rechts) und geschlossener Blende (Mitte)
Für das weiche Vorder- oder Hintergrund-Bokeh arbeitet die Kamera des Huawei P9 mit einer simulierten Offenblende von f/0,95, die bei einem realen Objektiv kaum erreichbar ist. Leica ist mit dem 50 Millimeterobjektiv Noctilux-M ASPH f/0.95, dem weltweit lichtstärksten asphärischen Objektiv, allerdings auch dieses optische Meisterstück bereits gelungen. Gelegentlich schlägt die Bildanalyse fehl, wie der Bildausschnitt aus dem Test der Logi Base für das iPad Pro oben rechts erkennen lässt:
In der Regel aber sind die Ergebnisse tadellos und beeindruckend:
Bedienung | Die Kamerabedienung hat Huawei vereinfacht. Mit Wischgestern vom linken und rechten Bildschirmrand öffnen sich nun einfach die Aufnahmemodi (links im Bild) und das Einstellungsmenü (rechts). Die manuellen Einstellungen (Mitte) des schon vom Huawei Mate S bekannten Profimodus streicht man vom untereren Bildschirmrand herauf.
Bleibt noch zu erwähnen, dass auch P9 und P9 Plus Dual LEDs besitzen. Was allen dreien allerdings fehlt, ist ein optischer Bildstabilisator. Auch beim P9 lässt sich die die Kamera wie schon bei anderen Huawei-Smartphones alternativ mit einer Klopf-Geste öffnen, die bei Huawei Smart Knuckle heißt und nicht nur das Öffnen von bis zu vier verschiedenen Apps ermöglicht, sondern beispielsweise auch einen Screenshot vereinfacht. Einiges mehr zum Huawei-eigenen Emotic User Interface (kurz EMUI) und dem Energiemanagement bei Huawei-Smartphones findet sich in den Tests des Huawei P8, Mate 7 und Mate S. Den teilbaren Bildschirm der größeren Huawei-Smartphones Mate 7 und Mate S bietet das P9 nicht; dafür kann man in der auf dem P9 installierten EMUI Version 4.1 jetzt die Benachrichtigungen und Schnelleinstellungen jeweils direkt öffnen, indem man das kombinierte Menü entweder links (Benachrichtigungen) oder rechts (Schnelleinstellungen) vom oberen Bildschirmrand herunterzieht.
Mit 569 Euro hat sich Huawei längst von seinem einstigen Image als Hersteller guter UND günstiger Smartphones getrennt. Wer bereit ist, diesen Betrag in die Hand zu nehmen, sollte das P9 unbedingt auch mit dem größeren P9 Plus vergleichen:
P9 Plus | Das kostet nochmal 120 Euro mehr, die Unterschiede rechtfertigen aber zumindest die Differenz: das 5,5 Zoll Display ist hier ein Super-AMOLED-Display mit Press-Touch-Technologie, ähnlich dem 3D-Touch beim iPhone 6/6s. Abzuwarten bleibt, inwieweit über Huawei hinaus auch andere App-Entwickler den Press-Touch unterstützen werden. Der um 400 Milliampere größere Akku ist vornehmlich dem höheren Energieverbrauch des größeren Displays geschuldet und dürfte kaum länger halten als beim P9. Das hielt im Test bei überwiegender Nutzung von Apps und Kamera und wenig Telefonie knapp 3 Tage. Echten Mehrwert bieten aber gerade bei starker Nutzung der mit 4 gegenüber 3 Gigabyte größere Arbeitsspeicher und der mit 64 Gigabyte doppelt so große interne Datenspeicher. Alle P9-Modelle kann man übrigens per Micro-SD um zusätzliche 128 Gigabyte aufstocken. Weitere Pluspunkte gegenüber dem normalen P9 sind die Schnelllade-Funktion, eine Infrarotschnittstelle über die man mit geeigneten Apps beispielsweise den TV fernbedienen kann, eine lichtempfindlichere Selfie-Cam (f/1,9 gegenüber f/2,4) und nicht zuletzt: Stereolautsprecher – die ersten überhaupt bei einem Huawei-Smartphone.
Alles Specs der Smartphones P9, P9 Plus und P9 Lite listet die folgende Tabelle. Wer auch Zubehör einsetzen will, sollte auch einen Blick auf die Anschlüsse werfen: P9 und P9 Plus haben bereits den neuen USB Typ C-Anschluss, das P9 Lite noch den ältereren Micro-USB-Anschluss.
Technische Daten von Huawei P9, P9 Plus und P9 Lite nach Herstellerangaben:
Huawei P9 569,- |
Huawei P9 Plus 699,- |
Huawei P9 Lite 299,- |
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Display | |||
Größe | 5,2″ FHD 2.5D |
5,5″ FHD, SuperAMOLED, 2,5D |
5,2″ |
Auflösung | 1920 x 1080 px 1080p |
1920 x 1080 px 1080p |
1920 x 1080 px 1080p |
Prozessor | |||
Typ | HiSilicon Kirin 955 Octa-Core |
HiSilicon Kirin 955 Octa-Core |
HiSilicon Kirin 650 Octa-Core |
Taktfrequenz | 4×2,5 GHz, 4×1,8 GHz | 4×2,5 GHz, 4×1,8 GHz | 4×2,0 GHz, 4×1,7 GHz |
Betriebssystem | |||
Android 6 | Android 6 | Android 6 | |
EMUI 4.1 | EMUI 4.1 | EMUI 4.1 | |
Speicher | |||
Arbeitsspeicher | 3 GB | 4 GB | 3 GB |
Datenspeicher | 32 GB eMMC | 64 GB eMMC | 16 GB eMMC |
Speicherkarte | microSD max. 128 GB |
microSD max. 128 GB |
microSD max. 128 GB |
Kamera | |||
Hauptkamera | 2 x 12 MP Leica-Dual-Camera Summarit-H 1:2.2/27mm ASPH, BSI CMOS 2-farbiger LED-Blitz |
2 x 12 MP Leica-Dual-Camera Summarit-H 1:2.2/27mm ASPH, BSI CMOS 2-farbiger LED-Blitz |
13 MP f2.0, AF 2-farbiger LED-Blitz |
Frontkamera | 8 MP, f/2.4 | 8 MP, AF, f/1.9 | 8 MP, f2.0 |
Bedienung | |||
Fingerprint 2.0: entsperren, Anrufe annehmen, Alarm stoppen, Objektivverschluss, Galerie durchblättern, Benachrichtigungsfeld öffnen, Knuckle: Screenshots und Videos aufnehmen, Apps starten |
Fingerprint 2.0: entsperren, Anrufe annehmen, Alarm stoppen, Objektivverschluss, Galerie durchblättern, Benachrichtigungsfeld öffnen Knuckle: Screenshots und Videos aufnehmen, zwischen Apps wechseln Press Touch: stärkerer Druck auf das Display für ausgewählte Funktionen in Apps, Vorschaufunktion in der Galerie Audio: Stereo-Lautsprecher |
Fingerprint 2.0: entsperren, Anrufe annehmen, Objektivverschluss |
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Akku | |||
Kapazität | 3000 mAh (Standardgröße) | 3400 mAh (Standardgröße) | 3000 mAh |
Standby | bis zu 526 h (2G) 566 h (3G) / 566 h (4G)* |
k.A. | bis zu 600 h (2G) bis zu 630 h (3G) bis zu 610 h (4G) |
Sprechzeit | bis zu 33 h (2G) 18 h (3G) / n.a. (4G)* |
k.A. | bis zu 31,5 h (2G) bis zu 18,9 h (3G) |
SIM | |||
Nano-SIM | Nano-SIM | Nano-SIM | |
Netze | |||
4G | B1/B2/B3/B4/B5/B7/B8/B12/B17/B18/B19/B20/B26/B28/B38/B39/B40 | B1/B2/B3/B4/B5/B7/B8/B12/B17/B18/B19/B20/B26/B28/B38/B39/ B40/B41 |
B1/B3/B7/B8/B20 |
3G | B1/B2/B4/B5/B6/B8/B19 | B1/B2/B4/B5/B6/B8/B19 | B1/B2/B8 |
2G | 850/900/1800/1900 MHz | 850/900/1800/1900 MHz | k.A. |
Verbindungen | |||
WiFi | 2,4 G/5 G a/b/g/n/ac WiFi-Direkt |
2,4 G/5 G a/b/g/n/ac WiFi-Direkt |
802.11 b/g/n WiFi-Direkt Hotspot |
Bluetooth | 4.2, unterstützt BLE | 4.2, unterstützt BLE | 4.1 |
USB | USB Type-C High Speed USB 2.0 |
USB Type-C High Speed USB 2.0 |
microUSB High Speed USB 2.0 |
NFC | Ja | Ja | Ja |
Infrarot | – | Ja | – |
Maße und Gewicht | |||
Gewicht | ca. 144 g | ca. 162 g | ca. 147 g |
Abmessungen | 145 mm x 70,9 mm x 6,95 mm | 152,3 mm x 75,3 mm x 6,98 mm | 146,8 mm x 72,6 mm x 7,5 mm |
Farben | |||
Titanium Grey, Mystic Silver | Quartz Grey | White, Black, Gold | |
Lieferumfang | |||
HUAWEI P9, Ladegerät, USB-Kabel, Kopfhörer, Schnellstartanleitung, Garantiekarte | HUAWEI P9 Plus, Schnellladegerät, USB-Kabel, Kopfhörer, Schnellstartanleitung, Garantiekarte | HUAWEI P9 lite, Ladegerät, USB-Kabel, Kopfhörer, Schnellstartanleitung, Garantiekarte | |
* Standby-Zeit und Sprechzeit können aufgrund von Benutzerintensität und Netzkonditionen variieren. |
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